Was ist passiert?

Sziasztok!
Ich verbringe mit der Organisation YFU (Youth For Understanding) ein Jahr in Ungarn, genauer in Pilisborosjenő nahe Budapest.
Da ich so viele fantastische Sachen erlebe, habe ich beschlossen euch daran teilhaben zu lassen.
Viel Spaß!

Ihr könnt auch per Mail mit mir in Kontakt treten!
(Das "E-" habe ich bewusst weggelassen ;)
Thomas.Degkwitz@gmx.de

Samstag, 19. September 2015

Der Beginn meines Abenteuers

Der erste Monat

Ich glaube es wird jetzt Zeit zusammenzufassen, was seit meiner Ankunft am 12. August so passiert ist. Es ist jetzt schon quasi unmöglich ansatzweise zu beschreiben, was ich alles erlebt habe. Ich fange trotzdem mal an zu sammeln:

Für mich angefangen hat das Austauschjahr Ende April. Die VBT (Vorbereitungstagung) stand auf dem Plan. Dort habe ich viele andere Menschen getroffen, die in der gleichen Situation waren wie ich. Eine Mischung aus Vorfreude, Ungeduld, Unsicherheit, Entschlossenheit. Doch begeistert waren wir alle. Auf der Tagung selber haben wir uns mit Themen im Zusammenhang mit unserem ATJ (Austauschjahr) auseinandergesetzt. Integration, Kommunikation, Vorurteile, Werte... Das hat mich geflasht und mir einen enormen Schub gegeben.
Zwischen VBT und Abflug fand größtenteils mentale Vorbereitung (klingt super professionell, ist es aber nicht) Ungarisch lernen und Planung auf dem Programm. In den letzten zwei Wochen vor dem Abflug habe ich noch einmal viele, für mich wichtige Dinge gemacht. Familie und Freunde treffen, noch einmal mit der Familie Schwimmen gehen... Eine sehr emotionale, aber schöne Zeit.
Dann kam der große Tag! Der Flug ging irgendwann im Laufe des Tages, kein Stress, alles gaaanz locker. Für mich war es das erste Mal Fliegen. Nach einem Abschied von meiner Familie bin ich zu den anderen Austauschschülern (ATS) dazugestoßen und wir haben gemeinsam auf den (am ende einstündig verspäteten!) Flug gewartet. Der dauerte nur eine Stunde (ich glaube, Budapest ist näher an München als Sierksdorf!) Es war hauptsächlich eng und der Kuchen zu süß (Mama backt besser :D). In Budapest angekommen, wurden wir von YFU zu einem Vorbereitungscamp gebracht. Dort trafen wir auf ATS aus Estland, der Schweiz, Mexiko, Argentinien, Thailand, Japan, Dänemark... und haben im Wesentlichen die Inhalte der VBT aufgefrischt und näher erarbeitet. Nach vier Tagen in brüllender Hitze (jeden Tag 40 Grad!) trafen wir zum ersten Mal auf unsere Gastfamilien. Das war ein ziemlich aufregender, aber auch erlösender Moment. Endlich geht es so richtig los!
Ich bin mit meiner Gastfamilie direkt nach Hause gefahren. Meine Eltern haben das Haus selbst entworfen und gestaltet. Es ist sehr schön und ist geschmackvoll (antik) eingerichtet. Ich habe ein  tolles Zimmer mit Schreibtisch, Schrank, einem langen Bett (bei meiner Größe sehr angenehm) und einem Klavier. Mein Gastvater hat sich das von seinem Bruder geliehen. Dafür bin ich sehr dankbar, denn sonst könnte ich nur in der Schule üben. Es gibt einen großen Garten (ca. 1/4 des Sierksdorf-Gartens) und die Familie baut dort ihr eigenes Obst und Gemüse und Kräuter an. Das ist sehr lecker :D.
Die Familie: Nelli (Gastmutter), Gyuri (Gastvater), Damján (11, Gastbruder), Boglárka (8, Gastschwester), Csongor (3, Gastbruder), Moha (Hund), Cirmí (Katze).
Wir verbringen viel Zeit miteinander. Wir haben u.a. das Barockschloss Gödöllö besichtigt und zwei große Wanderungen bestritten (Ich war auf dem höchsten Berg Ungarns (1041m), ein Hügelchen in Deutschland :)
Mit Boglárka spiele ich sehr, sehr viele Brettspiele. Neben Ungarischen Spielen (bei denen man sehr gut Ungarisch lernen kann!) sind auch deutsche "Klassiker" wie "Die Siedler von Catan" dabei, das wir mit vielen, von uns ausgedachten Varianten spielen.
Am Wochenende treffe ich mich öfters mit anderen ATS in Budapest. Wir haben viel Spaß zusammen, erforschen die Stadt und berichten von unseren Erfahrungen. Diese Treffen flashen mich enorm! Sie motivieren mich jedesmal aufs Neue.
Nach den ersten zwei Wochen begann dann die Schule. Die beginnt normalerweise am ersten September, aber meine schule hatte am 31. August bereits einen Gottesdienst. Ich gehe auf die Kodály Zoltán Chorschule im ersten Bezirk von Budapest. Sie liegt im absoluten Zentrum, gegenüber vom Parlament auf der anderen Donauseite.
Da ich erfahren hatte, dass man in Ungarn am ersten Schultag im Anzug kommt, kam ich zu diesem Gottesdienst in Alltagskleidung (es war ja noch kein echter "Schultag"). Alle anderen Leute kamen in Anzug/Tracht. das war ein gaaaanz bisschen peinlich. Ich hatte total verdrängt, dass der Gottesdienst ja auf Ungarisch ist. ich habe also nur das "Amen" verstanden :) Am nächsten Tag, also dem wirklich ersten Schultag, wollte ich alles richtig machen und striff mir meinen Anzug über. Meine neuen Klassenkameraden traf ich allerdings alle in Alltagskleidung an, genauso wie den Rest der Schule. Das war dann wieder ein gaaaaanz bisschen peinlich :)
Es gab eine Art "Assembly" mit der ganzen Schule, dort wurde ich allen vorgestellt. Das klingt unangenehm, ist es aber nicht. Denn dadurch weiß jeder wer ich bin, wenn ich mal ratlos in der Schule umherirre. Danach begann der Unterricht. Ein Junge aus der Klasse ist seitdem an meiner Seite und hilft mir bei allen möglichen Problemen. Er ist wirklich wahnsinnig nett! Meine Klassenkameraden sind alle sehr nett und aufgeschlossen, binden mich ein und helfen mir beim Ungarisch Lernen.
Schule in Ungarn ist sehr anders als ich es von meiner in Deutschland gewohnt bin. In Deutschland wechsele ich nach jeder Stunde den Raum, habe nach der dritten und fünften Stunde eine große Pause, der Unterricht besteht aus Interaktion und Diskussion.
In Ungarn gibt es keine große Pause, lediglich 10 min Erholen nach jeder Einheit. Die Räume wechseln die Lehrer. Dadurch ist das Klassenzimmer wie ein Wohnzimmer für die ganze Klasse. Es gibt Spinds, ein Klavier und sogar ein Cembalo. Auch der Unterricht an sich ist anders. Es gibt knallharten Frontalunterricht. Der Lehrer spricht, die Schüler schreiben. Das ist sehr schwierig für mich, denn ich verstehe fast nichts. Aber es hat auch etwas lustiges, wenn man einen selbstgeschriebenen Hefteintrag vor sich hat, den man selber aber nicht versteht.
Die Schule heißt nicht umsonst Chorschule. Man bekommt Gesangsunterricht, hat zweimal in der Woche und jeden zweiten Samstag Chorprobe und man bekommt eine Stunde Instrumentalunterricht. Außerdem hat man zwei Musikstunden pro Woche. Es ist generell anspruchsvoll...
Nach einem Schultag bin ich normalerweise ziemlich am Ende mit meinen Kräften, ich komme erst um 17:00 Uhr nach Hause. trotzdem macht es großen Spaß.
Mein Fazit nach einem Monat: Budapest ist wunderschön, das Essen ist lecker, ein ATJ ist nicht immer perfekt, es gibt Ups und Downs. Doch genau das macht es so aufregend und abwechslungsreich. Ich freue mich riesig auf die kommenden Wochen.

Euer Thomas

PS: Zum Thema Politik gehe ich ein andermal ein. Es ist sehr kompliziert und ich wollte den Rahmen nicht komplett sprengen.